der reiz des fremden

Der Reiz des Fremden

Von hier aus lässt sie ihren Blick wandern, der sofort an einer Gruppe Männer hängen bleibt. Besonders ausgelassen gebärdet sich einer aus ihrer Runde, der Inga interessierte Blicke zuwirft. Die beiden schauen sich sekundenlang an – über alle anderen Köpfe hinweg. Der Mann nimmt sein Glas und prostet ihr zu. Am liebsten hätte sie sich jetzt in ein Mauseloch verkrochen. „Schöne Frau“, erklingt kurz darauf eine Stimme direkt neben ihr. „Darf ich mich zu ihnen setzen?“ Inga schüttelt energisch den Kopf. „Ich will allein sein.“ Der Mann streicht sich das Haar aus der Stirn. „An einem solchen Abend sollte niemand allein sein.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten setzt er sich zu ihr. „Darf ich Ihnen etwas empfehlen?“, fragt er charmant und winkt dem Kellner. Er setzt ihm auf spanisch etwas auseinander und deutet auf Inga. Der Kellner schmunzelt diskret und verschwindet in Richtung Küche. „Was haben Sie ihm gesagt?“, fragt Inga. Ihr wird langsam unbehaglich zumute. Der Mann setzt ein verschlagenes Gesicht auf: „Ich habe ihm aufgetragen, ein wenig Schlafmittel in den Wein zu tun, damit ich Sie später in Ruhe ausrauben kann.“ Dann lacht er schallend. „Seien Sie doch nicht so misstrauisch. Ich habe einen alten Jahrgang bestellt und ihm erzählt, dass Sie eine berühmte Weinkritikerin aus Deutschland sind.“ Erleichtert stimmt Inga in sein Lachen ein. Unbewusst legt sie ihm dabei ihre Hand auf seinen Arm.

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