der reiz des fremden

Der Reiz des Fremden

Doch als er sie festhalten will, zieht sie ihre Finger sofort wieder zurück. Er erhebt sein Glas und vereint es klingend mit ihrem. „Nennen Sie mich José“, schlägt er vor. Sie spürt, wie der Wein ihre Anspannung löst. José greift nach ihrer Hand und haucht einen zarten Kuss auf ihre Fingerspitzen. Inga versinkt in seinen Augen, die von dem flackernden Kerzenlicht erhellt werden. Sie spürt, wie die laue Luft des Abends ihre Haut streichelt. Oder war es seine Hand, die eben ihren Hals berührt hat? Die Umgebung verschwimmt in Dunkelheit, und Inga vergisst alles um sich herum. Immer wieder stoßen die beiden miteinander an, weil sich dabei ihre Finger berühren, ihre Blicke sich treffen. Inga lauscht José, als er von seinen Reisen durch die Welt berichtet. „Das Leben ist so kurz“, flüstert er. „Sollten wir nicht jeden Augenblick genießen, bevor alles vorbei ist?“ Inga nickt. „Ja, das sollten wir tun.“ Längst sind alle Gäste nach Hause gegangen, der Patio ist leer. Ohne den Blick von ihr zu wenden steht José auf und geht zu ihr. Seine starken Hände heben sie von ihrem Stuhl auf, und er trägt sie die Treppe hinauf. Inga schlingt ihre Arme um seinen Hals. Sie lässt es geschehen, dass er ihre Lippen küsst, während er mit ihr über die Schwelle seines Zimmers tritt. Die karge Umgebung kann dem Abend nichts von seinem Zauber nehmen. José öffnet in der Küche eine neue Flasche und gibt Inga von dem funkelnden Wein zu trinken.

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